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Wir haben schon so viele Zusatzgeschichten und Informationen zusammen gesammelt und noch immer keinen Namen für die eigentliche Hauptgeschichte. . . so geht das doch nicht. . . müssen wir mal ändern. . .
 
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 013 - Traum und Erinnerung

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Lenz

Lenz


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BeitragThema: 013 - Traum und Erinnerung   013 - Traum und Erinnerung EmptyDi 25 Jun 2013, 19:44

013 - Traum und Erinnerung Nacht_mond_tanne

Morwe umfasste das Geländer so fest, dass die Sehnen auf seinen Handrücken hervortraten. Schatten tanzten über seine Haut, geworfen von den hohen Bäumen, die sich sachte in der Abendbrise wiegten. Zwischen Sträuchern und Büschen blitzen letzte rote Schimmer der untergehenden Sonne hindurch und ließen den Boden tief unter dem Balkon wie ein Bett aus glühenden Kohlen erscheinen. Wie loderndes Feuer. Drachenfeuer...
In seinem Bauch rührte sich etwas. Ein Wurm, der durch Morwes Eingeweide kroch und an ihm nagte. Sein Hals war von einem dicken Kloß verschlossen. Kälte kroch aus dem Metall in seine Finger und vor seinen Augen tauchten plötzlich Bilder auf, die ihn erschaudern ließen.
Er nahm all seinen Mut zusammen.
„Gibt es denn gar keinen anderen Weg?“, Morwes Stimme war leise und voll Bitterkeit.
Hinter sich hörte er das Knarzen eines Stuhls und die Umrisse einer Gestalt tauchten zu seiner Linken auf. Ihr Gewand flatterte leicht im Wind und ein dunkler Geruch kroch ihm augenblicklich in die Nase. Wenn Unerbittlichkeit riechen würde, dann so, dachte er und sein Herz machte einen Sprung.
Séreturs Worte schnitten wie ein Messer durch die kühle Luft. „Sage mir, wie denkst du über einen offenen Krieg, Armírëion?“
Verwirrt sah Morwe auf. Sein Blick traf den des anderen Elben und rasch wandte er sich wieder ab, sein Atem ging schneller ohne dass er es wollte. Unwillkürlich stellten sich seine Nackenhaare auf. Das Gesicht des Älteren war noch immer steif gen das Dickicht gewandt, das sich vor dem Balkon erstreckte, aber sein Blick, das fühlte Morwe, fixierten ihn noch immer aus den äußersten Winkeln seiner Augen.
Bei den Valar, wie er Séreturs Augen verabscheute!
Der Elb mochte aus dem zweiten Zeitalter dieser Welt stammen, doch sein Geist war weit in den Tiefen der Anfänge dieser Welt verwurzelt. Hart, gnadenlos und voll Ehrgeiz war sein Gemüt, welches Feanors Sippe alle Ehre gemacht hätte. Als wären die Jahrtausende spurlos an ihm vorübergezogen, dachte er ihr Geschlecht noch immer als über alle anderen Völker erhaben. Und es fehlte ihm nicht an Ideenreichtum und Vorstellungskraft seine Pläne in die Tat umzusetzen. In den grellen blauen Augen glomm ein Feuer, das nicht davor zurückschreckte jene zu versengen, die nicht nach seinem Willen waren und insbesondere Morwes weiches Gemüt schien es mit Vorliebe zu peinigen.
„Wäret Ihr tatsächlich bereit dazu?“, versuchte er die Frage zu umgehen, doch Séretur ließ sich nicht darauf ein.
„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“
Grimmig musterte Morwe das eiserne Geländer. Er schluckte herunter, was er seinem Großonkel am liebsten sagen würde und bemühte sich ruhig zu bleiben. „Wir können keinen Krieg wagen. Und außerdem, gegen wen sollten wir ihn führen? Wegen eines einzelnen Zwergs sich gleich mit einem ganzen Volk anzulegen wäre mehr als nur dumm und eine Schande für unser Haus.“
Aus den Augenwinkeln erkannte Morwe, wie Séretur seinen Kopf nach ihm umwandte. „Wie schön, dass du unsere Lage zu verstehen weißt. Ich hoffe, dir ist damit die Bedeutung klar, welche deine Taten für uns haben. Und ihre Tragweite. Du trägst große Verantwortung auf deinen Schultern.“
Da war etwas in Séreturs Stimme, das Morwe schaudern machte. Aber nicht einmal in Art wie er es sagte, vielmehr fiel es ihm bloß auf, weil er die Person seines Onkels kannte. Tief in seinen Worten schwang ein düsteres Versprechen mit, das Versprechen, dass Morwe es bitter bereuen würde, wenn er fehl gehen sollte.
Etwas in seiner Brust entzündete sich plötzlich und heißer Zorn ergoß sich in seine Innereien.
Séretur fuhr fort. „Wenn du in einem Monat noch nicht wieder zurückgekehrt sein solltest, werden wir Kundschafter aussenden, damit wir wissen, was dir widerfahren ist oder ob sich die Ausführung deines Auftrags unverhofft verzögert haben sollte. Wenn du das Gebirge auf der anderen Seite verlassen musst, wirst du sie dort finden. Oder sie dich. Du kannst auf ihre Hilfe hoffen, falls es Schwierigkeiten geben sollte.“
Beherrscht kratzte Morwe mit seinen Fingernägeln über die Unterseite des Geländers und biss sich auf die Zunge.
„Du solltest ihnen Nachrichten hinterlassen, wenn du den genauen Weg kennen solltest. Damit sollte sich dann doch rasch alles entsprechend unserer Vorstellungen entwickeln.“
Er starrte in das sich mit jeder Minute weiter verfinsternde Dickicht hinab. Seine Muskeln waren bis zum Zerreißen gespannt.
„Ich denke dir ist einsichtig geworden, was du zu tun hast.“, Séretur machte eine abschließende Geste und wandte sich Morwe zu. „Dann wäre alles gesagt und ich gedenke mich zu verabschieden. Es sei denn, es gibt noch Gedanken, die du mir mitteilen möchtest?“
„Nein.“, brummte Morwe.
Einen Sekundenbruchteil später krabbelte kitzelnde Wärme seine Wangen und Ohren empor. Sein Gesicht begann zu prickeln und er senkte schnell den Kopf, um seine rot angelaufenen Züge zu verstecken.
Was im nächsten Moment geschah, traf Morwe völlig unvorbereitet. Er sah noch eine jähe Bewegung zu seiner Seite, dann schoss Schmerz durch sein linkes Ohr und er wurde mit Gewalt von der Brüstung fortgerissen. Reflexartig griffen seine Hände nach der Hand, die an seiner Ohrmuschel riss, und er versuchte Séreturs Gelenk zusammenzudrücken, um sich zu befreien. Die eisigen Augen seines Onkels bohrten sich von oben herab in die Seinen.
„Wagst du es mich anzulügen, Morwe?!“
Aber er wich dem Blick nicht aus und zischte: „Lass mich los!“
Séreturs grausamer Griff schloss sich noch fester um sein empfindliches Gewebe und zog ihn noch etwas tiefer hinab. „Wie war das?!“
Als würde sich ein Tuch über seine Augen legen, wurde Morwes Sicht plötzlich in Rot getaucht. Wie von einem Stich flammte Schmerz in seinem Hinterkopf und in seiner Wirbelsäule auf. Er hörte, wie eine verzerrt klingende Stimme schrie: „Fass mich nicht an!!“ und fühlte doch, dass es seine Lippen waren, die sich bewegten. Auf einmal stand er wieder aufrecht. Sein linkes Ohr pochte und sandte Wellen aus Schmerz durch seinen Hals bis in seine Schulter hinunter. Gleichzeitig schwoll es in den Knöcheln seiner rechten Hand an.
Oh nein...!
Benommen taumelte Morwe einen Schritt zurück. Wild blinzelnd versuchte er wieder zu sich zu kommen. Wie durch einen blutigen Nebel konnte er Séretur vor sich ausmachen. Er stand noch. Seine Haltung schien etwas gekrümmt, aber als sein Onkel sich wieder aufrichtete, erkannte Morwe, dass dieser seine Robe aufgeknöpft hatte und eine beträchtliche Delle in seinem Brustpanzer musterte, den er unter seinen Kleidern versteckt trug.
Morwes Magen krampfe sich zusammen bei dem Gedanken, was sein Schlag angerichtet hätte, wenn Séretur die Rüstung nicht angehabt hätte. Wie hatte er nur so die Kontrolle über sich verlieren können?
Seine Instinkte ließen ihn noch einen Schritt nach hinten machen, jedoch gerade als er sich umdrehen wollte, um das Weite zu suchen, packte ihn jemand von hinten am Kragen seiner Robe und vereitelte seine Fluchtpläne.
„Hier geblieben.“, Elothlond, der sich ebenfalls von seinem Platz im Hintergrund gelöst hatte, klang beinahe belustigt.
Mit einem finsteren Lächeln schloss Séretur zu ihnen auf. Er kam Morwe so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten.
„Ich würde es vorziehen, wenn du deinen Zorn das nächste Mal etwas früher und vor allem eloquenter artikulierst, sodass ich mir einen Gang zum Schmied ersparen kann.“, flüsterte er mit einer Mischung aus Spott und brodelnder Wut. „Und jetzt will ich wissen was dir so brennend auf der Seele liegt und du mir nicht sagen willst!“
Schwach und entsprechend erfolglos versuchte Morwe sich Elothlond zu entwinden. Er atmete tief durch, seine Nerven flatterten und wollten ihm nicht gehorchen.
Was er schließlich bebend herausbrachte, war: „....Ich werde nicht für deine Pläne zum Mörder werden!“
Schief lächelnd schüttelte Séretur den Kopf und tauschte einen unverständigen Blick mit Elothlond aus, bevor er wieder Morwe seine Aufmerksamkeit zukommen ließ. „‘Mörder‘? Ich verlange doch von dir keinen Mord! Was wir tun, geschieht zum Wohle unserer Familie und zum Wohle unseres Hauses. Und du kannst nicht leugnen, dass diese Geschehnisse in der Welt zu unser aller Nachteil sein werden, überlassen wir sie sich selbst.“
„Egal wie du es nennst, es bleibt ein Mord!“, fauchte Morwe aufgebracht. „Du verlangst von mir jemanden zu töten, der mit alle dem nichts zu tun hatte bis noch vor wenigen Tagen! Sie ist unschuldig! Und sie hat keine Ahnung von dem, was vor sich geht!“
Eine Hand schloss sich um seine rechte Schulter und Elothlond meinte: „Und trotzdem ist die Zwergin blindlings den Ihren gefolgt. Es war ihre eigenen Unvernunft und wie es so oft im Leben geschieht, wird diese Dummheit ihr ein frühes Ende bereiten. Dass ihr dieses Schicksal nun blüht, ist sie selbst schuld. Und noch dazu hat sie sich uns gegenüber schuldig gemacht, indem sie unser Vertrauen hinterhältig missbraucht und Herrn Elrond bestohlen hat!“
Morwe versuchte seinen Kopf zu drehen, um seinem Großvater ins Gesicht sehen zu können, aber es gelang ihm nicht. „Tu nicht so!“, spie er in dessen Richtung. „Du hast doch bestimmt insgeheim darauf spekuliert, dass sie so etwas tut, damit du einen Vorwand hast jemanden auf ihre Fährte zu setzen! Wie hätte sie das Land um Imladris denn so einfach auf dem gleichen Weg wie die anderen Zwerge verlassen können, wenn ihr nicht eure Finger im Spiel hattet?!“
Nachsichtig tätschelte Elothlond Morwes Schulter und lachte leise. „Sehr richtig, mein Junge. Sie hätte nicht einmal die Waffenkammer verlassen, wenn ich die Wachen nicht durch andere abgelöst hätte. Aber sieh doch wie naiv sie war: Wäre sie klug gewesen und nicht so einfältig und überheblich, wäre ihr dieses Detail aufgefallen. Sie denkt sich aber überlegen, denkt, sie könnte uns Elben so einfach austricksen und zum Narren halten. Sie hat unsere Gastfreundschaft und die Güte, die ihr Herr Elrond zukommen ließ, schamlos und rücksichtslos ausgenutzt. Und hätte sie nicht wissen müssen, dass das alles auf dich zurückfallen würde? Dass du es bist, der dafür büßen muss? ...Aber scheinbar war ihr das gleichgültig.“
Bei diesen letzten Worten war Morwe, als würde etwas in seinem Bauch zu Eis gefrieren. Seine Muskeln erschlafften unwillkürlich und er sank gegen seinen Großvater, der ihn bei den Oberarmen umfasste und festhielt.
Mit milder Stimme fuhr er fort. „Du warst es, der ihr das Leben gerettet hat. Hast dich um sie bemüht und dass obwohl sie sich alles andere als gastlich benommen hat. In all den Jahren hat sie unsere Gebräuche nie akzeptiert, sondern stets ihren eigenen Kopf haben wollen und wir waren noch so gutmütig und nachsichtig ihr dies zu lassen. Und so dankt sie uns schließlich für unsere Gastfreundlichkeit und dir für deinen Großmut, indem sie uns hintergeht. Ich habe es dir immer gesagt Morwe, weil ich um die wahre Natur der Zwerge weiß und dich vor dieser Enttäuschung bewahren wollte: Letztlich kennen sie nichts anderes als sich selbst! Stelle ihnen Gold und Edelsteine in Aussicht oder etwas, woran ihr Herz hängt, und sie verraten selbst ihre engsten Freunde und Verbündeten! Denke nur an König Thingol!“
In seinem Kopf drehte sich alles. Er nahm wahr, wie Elothlond, dessen Gesicht sich direkt neben Morwes Ohr befand, Séretur zunickte und sich dieser daraufhin zum Gehen wandte.
Sein Großvater wollte ihn mit seinen sanften Worten doch nur einlullen! Ihn gefügig machen! Und doch... Nein, das stimmte nicht. Er hatte ja doch in so vielen Dingen Recht und scheinbar wirklich Recht damit behalten, was Nîn anging. ...Oder?
Morwe wusste nicht mehr, was er denken, was er glauben sollte. Was war richtig, was war falsch? Wer hatte Recht und wer Unrecht, wer tat das Richtige in diesem wirren Spiel der Macht?
War es am Ende nicht ohnehin so, dass es immer nur Verlierer gab?
Allein darin war er sich sicher: Er wollte es nicht tun. Er wollte es nicht tun müssen. Nicht direkt und auch nicht indirekt. Aber allein er war von Herrn Elrond auf ihre Fährte angesetzt worden... Er konnte sich seinem Herrn nicht verweigern, vor allem nicht, da eben diesem das Unrecht widerfahren war. Doch Morwe konnte sich auch nicht seiner Familie entgegenstellen. Wenn er das wirklich tun sollte, kam es der Wahl seines Exils gleich. Dann war er allein. Verlassen. Heimatlos. Geächtet.
Er biss die Zähne zusammen.
Er konnte sich diesem Abgrund einfach nicht stellen. Er konnte es nicht...
Als wenn Elothlond genau zu wissen schien, was in ihm vorging, streichelte er ihm sachte über die Arme. „Erinnerst du dich, was ich dir einmal vor einiger Zeit gesagt habe? Dass wir für die, die wir lieben, Opfer bringen müssen?“
Morwe nickte langsam.
„Ich weiß, wie sehr du dich bemüht hast. Doch nun ist der Augenblick gekommen, wo deine Familie dich am dringendsten braucht. Diese Aufgabe kann niemand außer dir erfüllen. Sage mir, Morwe, bist du bereit dieses Opfer für uns zu bringen?“
Seine Eingeweide krümmten sich. Übelkeit kroch ihm die Kehle empor und doch fanden die Worte ihren Weg zu seinem Mund.
„Ja, das bin ich.“


Die Nacht war eisig und finster als Morwe sich aus dem Gewirr seiner Träume in die Wirklichkeit zurückriss. Er würde diese Nacht keine Ruhe finden. Ganz gleich wie erschöpft er war, ganz gleich wie seine Glieder schmerzten und er sich nichts sehnlicher wünschte als sich in Sphären angenehmerer und glücklicherer Tage zu hüllen, sein Geist ließ ihn nur die Bitterkeit seines Seins schmecken.
Seine Beine hatten ihn unter eine Gruppe hoher Tannen geführt. Es war nicht weit von der Lagerstädte der Zwerge, er konnte sogar noch die letzten gewisperten Gespräche jener hören, die ebenfalls noch keinen Schlaf gefunden hatten. Auf den Felsen tanzte ersterbendes Lagerfeuerlicht. Die feuchte Luft war mit Asche und Ruß angereichert und dem würzigen Geruch, der aus den verklebten Öffnungen der Baurinden strömte. Eigentlich liebte Morwe diesen Duft. Doch nicht heute. Es schmeckte alles fahl. Matt, verdorben, tot.
Selbst die Geräusche der Tiere klangen wie Mahnungen an die Zerbrechlichkeit ihres kleinen Lebens. Zirpende Insekten im nassen Gras. Wahrscheinlich würde der nächste Regenschauer sie ertränken, wenn sie nicht rechtzeitig Unterschlupf fanden. Fiepende Fledermäuse, die zwischen den Stämmen umherflitzten. Morwe dachte an ihre winzigen zarten Körperchen und die dürren Arme, die sie über den Himmel trugen. Sie waren so leicht zu verletzen. Und die rufenden Eulen in der Dunkelheit der Äste. Ihr schönes Gefieder würde irgendwann ermatten und vielleicht Orkpfeile zieren...
Morwe hielt inne und hockte sich auf einen glatten hüfthohen Stein.
Das war nicht der Tod jener Lebewesen, den er fühlte. Es war sein eigener Tod, der sich in allem Leben um ihn spiegelte. Seine eigene ersterbende Seele, die aufgehört hatte sich aufzubäumen. Noch nie hatte er etwas Vergleichbares gefühlt. Um ihn herum spannte sich ein hauchdünnes Netz, ein zartes Gewebe, das ihn mit der Welt verband. Und so wie er das Zentrum unzähliger Fädchen war, die sich in die Welt streckten, waren all die anderen kleinen Geschöpfe, die er wahrnahm, es auch. Gleichwenn das Netz um sie herum weniger stark erzitterte, sie waren alle verbunden durch dieses seltsame Geflecht.
Schmunzelnd dachte Morwe, er würde sich für verrückt geworden erklären und es als Nebenwirkung des Fahltaus abtun, wenn er nicht wahrhaftig manche Tiere fühlen konnte, bevor seine übrigen Sinne sie erspähten.
Woher kam diese mystische Einsicht, die sich ihm so plötzlich aufgetan hatte? Was zuvor immer nur vage Intuition gewesen war, strömte nun klar wie Wasser auf ihn ein. Kein dumpfes Ahnen mehr, sondern Gewissheit. Fühlte sich die Welt so für die großen Zauberer und Weisen Mittelerdes an? War das die Gabe der Elben, ein Relikt aus alten Tagen als sein Volk noch mächtiger war als jetzt?
Wenn er still verharrte, konnte er spüren, wie sich die Fäden um ihn lösten. Es war ihm so nah, dass er beinahe leise sich entwindende Sehnen hörte, die sich spannten bis zum Zerreißen und mit einem spitzen Ton auseinander stoben.
Und ihm wurde bewusst: Das war sein Leben, was sich verflüchtigte. Sein Leben, das sich Stück um Stück trennte von der Welt.
Ein unbeschreibliches Grauen ergriff von ihm Besitz.
Die Welt schrumpfte zusammen auf einen kleinsten Punkt. Da war nichts mehr außer sein eigener fiebriger verzweifelter Herzschlag. Genau in diesem Augenblick fühlte er es.
Es war ein dumpfes Beben im Gewebe der Welt. Morwe musste jäh an die grauen Anfurten denken, wo er als Kind die Wellen beobachtet hatte, die gewaltig rauschend auf das Ufer zurollten. Genau das war es. Doch was es war, das sich näherte, vermochte er nicht zu sagen.
Vielleicht war es gar nichts physisches. Vielleicht bedeutete es, dass sich etwas Einschneidendes ereignen würde. Etwas, was den Lauf des Schicksals nachhaltig beeinflussen sollte.
Hatte es vielleicht etwas mit seinem Auftrag zu tun?
Morwe schluckte. Ein kribbelndes Gefühl in seinen Fingerspitzen und tief in seiner Stirn verrieten ihm, dass er in die richtige Richtung dachte. Was auch immer nach Anbruch des Morgens passieren sollte, es war bedeutsam.
Eine ganze Weile verharrte er noch so auf dem Stein. Doch schließlich hatte die feuchte Luft und der nasse Felsen seine Kleider klamm werden lassen. Kälte kroch in Morwes Glieder und er wusste, dass dies für einen Elben ein schlechtes Omen war. Elben froren nicht.
Ohne zu wissen, was er tat, erhob er sich und ging mit eiligen Schritten zum Lager zurück. Vielleicht spendete das verglimmende Feuer noch genug Wärme ihn wieder zu trocknen.
Als Morwe zwischen den Tannen aus dem Schatten trat, fiel das beklemmende Drücken in seiner Brust abrupt von ihm ab. Verwirrt drehte er sich um und spähte in die Finsternis zurück. Was hatte das nun zu bedeuten? Voller Verwunderung schlängelte er sich zwischen den schnarchenden Zwergen hindurch zu einem Platz nahe der Glut und ließ sich geräuschlos nieder.
Morwe beäugte die kleinen eng beieinander liegenden Körper, wenn er auch kaum mehr als ihre Konturen ausmachen konnte. Er versuchte sie zu fühlen wie er es bei den Tieren eben noch gekonnt hatte. Doch es gelang ihm nicht. Außer ihre Anwesenheit schwach zu erahnen, spürte er nichts. Und auch seine eigene Lebensaura war verschwunden und der Einblick in sie war ihm verwehrt.
Stirnrunzelnd schaute Morwe zurück zu den hohen Bäumen. Mit dem Gras, das allein zwischen ihnen wuchs, wirkten sie beinahe deplatziert. Eine Oase zwischen kargem Gestein. Im schwachen Schein, der durch die Wolken brach, bemerkte Morwe, dass Tau auf den Grashalmen glitzerte. Ein eigentümliches Glimmen schien für einen Sekundenbruchteil von ihm auszugehen.
Etwas rührte sich in Morwe. Er erschrak fast vor seiner eigenen Empfindung, aber kaum waren die Wolken zurück, verschwand der Schimmer und alles war wieder in Schwärze getaucht.
Konnte es etwa sein, dass...? Morwe kam der Gedanke albern vor. Und doch... War dort vielleicht etwas im Wasser gewesen?
Er schüttelte erschöpft den Kopf. Was es auch war, es war vorbei und er saß hier mit der bedrückenden Aussicht auf den kommenden Morgen.
Soweit Morwe es einschätzen konnte, hatte der glatzköpfige Zwerg, der sich ihm als Dwalin vorgestellt hatte, keinen Verdacht geschöpft. Und der Alte mit dem weißen Bart ebenfalls nicht. Gut...
Er suchte den Boden nach den beiden ab, aber er konnte keinen Zwerg vom anderen unterscheiden. Höchstens den Dicksten von ihnen, der auch am geräuschvollsten schlief und in der Dunkelheit fast wie ein sehr rund geschliffener Stein aussah.
Morgen früh würde er die Zwerge zu dem Pass bringen. Er hatte ihnen erzählt, er würde unter dem Gebirge hindurchführen und sie sicher auf die andere Seite bringen, den Orks benutzten ihn nicht. Und das hatte seine Gründe... Wenn auch andere als er sie ihnen genannt hatte.
Auf diese Weise würde alles ganz schnell gehen.
Zum Glück hatten die Orks die übrigen Straßen und Wege zu belagern begonnen, so dass den Zwergen gar keine Wahl blieb, wenn sie denn auf die andere Seite des Gebirges wollten. Morwe hatte vorgetäuscht zurückgehen zu wollen, da er Nîn bei ihnen nicht gefunden hatte.
Ein scheußlicher Gedanke breitete sich in Morwe aus. Noch scheußlicher als er sich ohnehin schon fühlte, wenn er daran dachte, was er morgen tun musste.
Wenn seine Lebensfäden sich tatsächlich auflösten, blieb ihm dann überhaupt noch genug Zeit Nîn und die anderen Zwerge zu finden und zu tun, wofür er geschickt worden war?

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frag mich bitte nicht was mich da geritten hat Neutral  das ist...komisch... aber es hat Sinn.

Ich hätte es "Morwe am Scheidewege" oder so nennen sollen... wobei ich nicht weiß wie sich das in der Heraklessage danach entwickelt hat, also besser keine antiken Titel zitieren... Rolling Eyes 
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